Viele Menschen in Deutschland haben noch nie von der Greifvogelart Gleitaar (Elanus caeruleus) gehört. Das ist verständlich, denn es handelt sich hierbei auch um keine einheimische Vogelart. Die Bezeichnung „Aar“ bedeutet so viel wie „großer Vogel“. Das Wort Aar ist ebenso ein Synonym für Adler. Gleitaare gehören zur Familie der Habichtsartigen (Accipitridae). Sie sind größer als ein Turmfalke und kleiner als ein Mäusebussard, und damit viel kleiner als ein Steinadler. Gleitaare sind von ihrem Aussehen unverwechselbar. Beide Geschlechter zeigen die gleiche Gefiederzeichnung. Der größte Teil des Federkleides ist weiß, seine Schwingen sind hellgrau mit tiefschwarzen Schultern. Aufgrund der schwarz gefärbten Schulterpartie, liegt die englische Bezeichnung auf der Hand; „Black-shouldered kite“. Das weiße und hellgraue Federkleid fällt bei Feldbeobachtungen schnell ins Auge. Sein Schwanzgefieder ist weiß, bis auf die zwei mittleren Steuerfedern, welche hellgrau gefärbt sind. Die Federkiele sind oberseits schwarz gefärbt.
Rubinrote Augen
Adulte Gleitaare weisen eine rote Iris auf. Ein sehr auffälliges Merkmal für einen Greifvogel. Jungtiere besitzen zunächst eine graue Iris, welche sich über braun und orange bis später in Rot verfärbt.

Ein „mutiger“ Greifvogel
Wie wir feststellen konnten sind Gleitaare „mutige“ Greifvögel. Das Revier und der Horstbereich wurden gegen vermeintliche Eindringlinge vehement verteidigt. Als ein Weißstorch durch das Brutrevier flog, wurde dieser sofort mit mehreren Stößen vom Männchen attackiert. Die Warnrufe konnten wir gut wahrnehmen, der Storch suchte auch unverzüglich das Weite. Andere Greifvögel wie Schwarzmilane und Weihen, sowie Würgerarten wurden ebenso vertrieben.
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Der Gleitaar erinnert durch seine Jagdweisen – Suchflug, Ansitzjagd, Rüttelflug – an Falken, insbesondere an Turmfalken, sowie an Sumpfohreulen mit den rund wirkende Flügeln und dem langsamen Flügelschlag. Des Weiteren kann man einen weihenartigen Flug mit nach oben gerichteten Flügelspitzen im Feld gut beobachten.
Gleitaare in Mitteleuropa?
Es ist wie zu Beginn schon erwähnt kein heimischer Greifvogel. Wird er in Mitteleuropa einmal gesichtet, so handelt es sich um einen seltenen „Irrgast“. Dennoch wird der Gleitaar fast jedes Jahr beobachtet.
Erst am 11. April 2017 wurde diese Art im Raum Osnabrück sicher bestätigt.
Am 14.4. und 15.4.17 in Nordhorn (es könnte möglicherweise derselbe Vogel gewesen sein)
Am 29.4.17 in Bassens, Wangerland (Niedersachsen).
Vom 21.5. bis 31.5.17, sowie regelmäßige Beobachtungen im gesamten Juni 2017 in Haigerloch-Hart (Baden-Württemberg).
10.09. bis 24.09.17 in Burgbernheim Klärteiche (Bayern)
04.10.17 konnte ein adulter Gleitaar an den Belziger Landschaftswiesen beobachtet werden (Brandenburg)
01.04.2018 Passow Uckermark (Brandenburg)
24.04.2018 Kleientnahme Winsender Marsch (Hamburg)
19.05.2018 Langwarder Groden (Niedersachsen)
Juni 2018 bis 01.07.2018 in Levern, Gemeinde Stemwede, dort stationär und gut zu beobachten auf Strommasten häufig ansitzend
17.09.2018 Niederlande/Limburg Gleitaarsichtung vermutlich durchziehend
30.11.2018 bis mind. 08.12. in Hilzingen (Baden Württemberg)
Aktuell vom April 2019 wurde ein verunglückter Gleitaar in Kleve aufgefunden. Leider starb der Vogel, es wird vermutet, dass er an einer Stromleitung tödlich verunglückte.
Auch in Schweiz wird diese Greifvogelart fast jährlich gemeldet. Dabei häufen sich die Sichtungen in den Monaten April, August und Oktober. In Mitteleuropa wurde der Gleitaar in den letzten Jahren ca. 20 Mal nachgewiesen.
Beobachtungen in Spanien
Im April 2017 konnten wir den Gleitaar in Spanien (Region Extremadura), an verschiedenen Orten beobachten. Hier kam es in Saucedilla, Almaraz und Monroy zu gehäuften Sichtungen.
Die Verbreitung des Gleitaares liegt aber nicht nur in der Extremadura. Er kann auch in anderen Landschaften/Regionen Spaniens gesehen werden und außerhalb von Spanien ebenso – zum Beispiel in Frankreich. Er ist erst in den letzten Jahrzehnten in Iberien von Marokko her eingewandert. Im Nahen Osten wanderte er von Ägypten nach Israel ein. Es gibt drei Unterarten des Gleitaars, wie Elanus caeruleus hypoleucos, Elanus caeruleus sumatranus, Elanus caeruleus caeruleus (Verbreitungen Indonesien, Afrika, Sumatra, Israel, Ägypten, Armenien usw.)
Die Fortpflanzung
Gleitaare können schon recht früh im Jahr mit der Eiablage beginnen. Jedes Jahr wird ein neuer Horst gebaut, der versteckt im Astbereich eines Baumes erbaut wird und deshalb nur schwer zu sehen bzw. zu finden ist. Bei dem Paar, welches wir beobachten konnten, kam es „zurückgerechnet“ im Februar zur Eiablage. Dies ist in Spanien eine völlig normale Jahreszeit für den Brutbeginn bei dieser Greifvogelart. Im April waren bereits vier Jungtiere im Alter von ca. fünf Wochen ausgeflogen.

Wir waren fast täglich vor Ort und konnten zu dieser Zeit die Jungtiere gut beobachten. Die Bettelrufe der Jungtiere erinnerten uns an Schleiereulen Gekreische.
Junge Gleitaare besitzen noch keine rote Augenfarbe und das Gefieder ist zunächst braun-grau, welches auf dem Rücken und der Flügelpartie an jeder Feder einen hellen Saum aufweist. Der Bauch und der Kopf sind noch nicht rein weiß gefärbt. Dies ändert sich ein paar Monate nach dem Ausfliegen in der sogenannten postjuvenilen Mauser.
Zu den Alters- und Geschlechtsmerkmalen lesen Sie hier näheres:
Gleitaar_Black-wingedKite_E.caeruleus
Wie jagt der Gleitaar eigentlich?
Wir konnten die Jagd des auffällig gefärbten Greifvogels mehrfach miterleben. Dabei konnten wir ihn z. B. von der Ansitzwarte jagen sehen. Er bevorzugte hierbei häufig eine Hochspannungsleitung, saß aber auch auf Baumspitzen oder heraus ragenden abgestorbenen Ästen. Manchmal flog er auf und ging über in den Such- und Rüttelflug. Die Flügelschlagfrequenz ist aber deutlich langsamer, als beim heimischen Turmfalken. Er fängt bevorzugt Nagetiere und kann auch recht große und schwere Exemplare erbeuten.
Großinsekten oder Reptilien werden ebenso genommen, wenn sich diese gerade anbieten. Eine Besonderheit, die wir beobachten konnten, ist der aus dem Rüttelflug relativ langsame, mit erhobenen Flügeln zu bodengleiten Beuteflug, der im englischen als „parashuting“ bezeichnet wird, da der entfernte Beobachter glaubt, einen weißen Fallschirm zu Boden gleiten zu sehen.
Möchten Sie mehr über die Greifvögel in der Extremadura erfahren? Dann schauen Sie hier weiter.
Quelle:
The Raptors of Europe & the Middle East v. Dick Forsman, die Greifvögel Europas, Nordafrikas und Vorderasiens v. Mebs und Schmidt, Club 300, ornitho.de und ornitho.ch, Zeitschrift Der Falke – Journal für Vogelbeobachter 64. Jahrgang 01/2017, Seite 33, Fotos: Frank Seifert, Sylvia Urbaniak, Torsten Pröhl www.fokus-natur.de
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