…. dachten wir uns, als wir vom Fund eines Weißstorches im Kreis Willich hörten. Es kommt immer wieder vor, dass Weißstörche (Ciconia ciconia) im Winterhalbjahr in Deutschland zu sehen sind. Dabei handelt es sich entweder um Gefangenschaftsflüchtlinge, die die Zugrouten gen Süden nie kennen gelernt haben, oder um wildlebende Störche, die ausreichende Nahrungsquellen für den Winter bereits kennen und den kräftezehrenden Vogelzug nicht auf sich nehmen.
Der recht warme Dezember und die milden Temperaturen im Januar, waren keine große Herausforderung für viele Tiere. Solange der Boden nicht gefroren war, konnten selbst außergewöhnliche Wintergäste, wie die Störche, gut über die Runden kommen. Als allerdings plötzlich die Kälte kam, konnten viele dieser Vögel nicht mehr gen Süden durchstarten.
Sie sind nun auf die Hilfe tierliebender Menschen angewiesen.
Auch unsere heimischen Singvögel leiden, denn sie verlieren nachts sehr viel Energie durch die Kälte und sterben, wenn sie morgens nicht schnell eine rettende Futterstelle finden. Der Eisvogel hat es z. B. besonders schwer, denn seine Nahrung – die Fische – sind unter der Eisdecke und er verhungert, wenn er nicht mehr an sein Futter kommt.
Bussarde und Reiher haben ebenfalls das Nachsehen. Auf den Feldern, wo sie noch vor kurzem Regenwürmer zupfen konnten oder ein paar Mäuse erbeuteten, ist jetzt alles zugefroren und der Boden steinhart. Auch der Storch sucht sein Glück auf den Feldern. Die eiskalten Nächte zehren an den letzten Kräften und manch ein Tier hat sich verschätzt und den Abflug in den rettenden Süden verpasst.
Die beiden Störche aus Willich/Neersen zeigten kaum noch Scheu vor den Menschen und einige Tierliebhaber hatten schon längst erkannt, dass die beiden wohl sehr hungrig waren. Doch was kann man einem Storch zu futtern geben?
Womit kann man einen Storch füttern?
Hunde- oder Katzenfutter oder gar Kochabfälle sind – trotz oft anders lautender Aussagen – keine gute Lösung für Störche und andere Wildvögel. Derartiges Futter kann zu Verdauungsstörungen führen und macht krank. Bei geschwächten Tieren kann das fatal ausgehen. Man kann Störche relativ leicht mit Eintagsküken oder besser noch Mäusen füttern. Diese Küken/Mäuse lassen sich in Brütereien, Zoos, Reptilienläden oder auch über das Internet besorgen. Es handelt sich hierbei nicht um lebende, sondern um bereits eingefrorene Tiere, die aufgetaut verfüttert werden können. Störche akzeptieren Küken/Mäuse sofort als Futter, wenn sie diese angeboten bekommen.
Der bereits eingefangene Storch, ist laut der Ringkennzeichnung sechs Jahre alt. Hierbei handelte es sich um einen geschlossenen Zuchtring und wir hatten sehr wahrscheinlich einen Gefangenschaftsflüchtling in den Händen. Das Tier zeigte sich uns gegenüber auch sehr zahm und friedlich.

Nach der Einlieferung in die Mönchengladbacher Tierarztpraxis Sudhoff, kam der Storch zunächst zum Wiegen auf die große Hundewaage. Es ist wichtig zu wissen, wie stark das Tier abgemagert ist. Der große Vogel brachte 3,3 kg auf die Waage und befand sich dabei in keinem guten Ernährungszustand.
Untersuchung in der Tierarztpraxis
Insbesondere bei der Kälte, wird bei eingelieferten Wildvögeln zuerst die Körpertemperatur gemessen. Dies funktioniert mit einem Fieberthermometer aus der Humanmedizin. Patient Storch hatte eine Körpertemperatur von 41,1 °C, dabei handelt es sich aber nicht um Fieber, sondern um eine für Vögel völlig normale Körpertemperatur. Ein leichter Parasitenbefall im Gefieder wurde behandelt, war aber nur halb so schlimm, da es sich um gewöhnliche Federlinge handelte.

Der Vogel wurde stationär in der Praxis untergebracht und musste als nächstes eine „Kotprobe abgeben“. Denn bei geschwächten Tieren können bakterielle Infekte, sowie Parasitenerkrankungen massiv an der Gesundheit nagen. Seit langer Zeit draußen, konnte sich der Patient in der ersten warmen Nacht gründlich entspannen und zur Ruhe kommen.
Transport und Handling bei Storch und Reiher
Nun noch ein paar Tipps, wie man diese langbeinigen Vögel am besten behandelt und „verpackt“, um sie zum Beispiel zu einer Pflegestation oder einem Tierarzt zu bringen.
Bei Störchen und Reihern ist große Vorsicht vor dem langen Schnabel geboten, denn dieser ist die Waffe zum Erbeuten der Nahrung. Daher beherrschen die Tiere den zielsicheren Umgang sehr genau! Leider kommt es immer wieder vor, dass die Vögel bei Rettungsaktionen ihre Helfer im Gesicht und Augen verletzen. Beim Fang sollte man sich eine Schutzbrille aufziehen und dann sofort den Schnabel festhalten und sichern. Die Schnabelspitze muss „entschärft“ werden. Das funktioniert recht einfach mit einer Dichtung (Schaumummantelung) für Rohre. Wenn der Schnabel einen im Gesicht trifft dann ganz sicher mit einer unheimlichen Wucht. Hier ist nicht zu Spaßen, das kann einem im schlimmsten Fall das Augenlicht kosten!!!

Sowohl der Transport als auch die nachfolgende Untersuchung mit Schnabelschutz verläuft so ganz ungefährlich für alle Beteiligten.
Die großen Flügel der Tiere sollten schnellstmöglich am Körper festgehalten werden (in der Regel hilft eine weitere Person), da es sonst wirklich schwierig wird das Tier festzuhalten. Sie können mit den Flügelschlägen unheimlich Kraft ausüben. Wenn einmal ein langbeiniger Vogel sitzt, ist man erstaunt, wie klein er auf einmal wirkt. Einmal „eingeklappt“ passt jeder Storch in einen großen Umzugskarton. Doch bevor der Karton oben geschlossen wird, sollte der Schnabelschutz wieder entfernt werden.
Transport Storch
Leider haben wir nun mehrfach die Erfahrung machen müssen, dass Reiher und Störche mit vollem Kropf und gleichzeitigem Stress beim Transport, quasi ihr gesamtes Futter wieder „ausreihern“. Genauso verlief es auch in dem oben beschriebenen Fall mit unserem Patienten.
Wo einen Storch unterbringen?
Nach dem stationären Aufenthalt in der Tierarztpraxis musste der Vogel aber nun zum weiteren Aufbau in einer Pflegestation untergebracht werden. Doch die nächste Station, die sich mit Störchen auskennen, liegt nicht gerade in der Nähe. Da diese Vogelart mit gleichem Futter wie Greifvögel ernährt werden kann, nahmen wir ausnahmsweise diesen ungewöhnlichen Gast auf. Nun kam die absolut spannende Frage für uns auf, wie viel so ein Storch eigentlich jeden Tag frisst? Wir zählten täglich nach und kamen im Schnitt auf 15 ausgewachsene Mäuse pro Tag.

Nicht schlecht. Innerhalb eines Monates war das Kühlfach quasi geplündert. Als Dank bekamen wir riesige Gewölle vorgelegt.

Nachdem sich der Vogel bei uns dick und rund gefressen hatte, zeigte er auch wesentlich mehr Aktivität in der Voliere. Das Tier wurde immer unruhiger und nun war auch schon der richtige Zeitpunkt gekommen, ihn wieder in der Nähe des Fundortes freizulassen.
Geheimtipp – wo kann man Weißstörche am besten beobachten?
Schaut mal hier das Video – wenn die Bedingungen stimmen, benötigen Störche keine Nisthilfen. Störche sind nämlich sehr anpassungsfähig was den Nestbau betrifft. Aber die Nahrungsgrundlage muss eben dafür stimmen, sich niederzulassen.
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