Im Juli wurde uns ein Bussard gemeldet, der sich als junger Wespenbussard entlarvte. Der Vogel war viel zu früh aus dem Horst gefallen. Wespenbussarde werden am Boden in der Regel nicht weiter mit Nahrung versorgt. Alle Federn befanden sich bei diesem Jungvogel noch mehrere Zentimeter im Wachstum, also im Blutkiel. Da wir im Mai diesen Jahres uns bereits mit Drohnenbrut in der Kühltruhe eingedeckt hatten, brauchten wir uns keine Sorgen über benötigte Futtermittel wie Bienenlarven machen.

Gleich machten wir uns daran die Spezialnahrung, welche wir von Imkern zur Verfügung gestellt bekommen hatten, aufzutauen. Ruckzuck wusste der junge Wespenbussard was er damit zu tun hatte. Er schleppte im Schnabel die Wabe umher und pickte dann jede Larve gezielt heraus. Sein Schnabel dient hier als geschicktes Werkzeug. Dieses handtieren mit einer Wabe durchführt er instinktiv, er nutzt meist seine Füße zum Festhalten der Nahrung und holt jede Larve einzeln heraus.
Wespenbussarde sind Langstrecken-Zugvögel und nur in den Sommermonaten hier in Mitteleuropa anzutreffen. Da sie relativ heimlich leben, wird diese Greifvogelart recht selten aufgegriffen wird. Aufgrund mehrerer Meldungen von verschiedenen Stationen in Deutschland, haben wir allerdings den Eindruck gewonnen, dass im Jahr 2018 ein gutes Wespenbussardjahr war. Vermutlich sind deutlich mehr Wespenbussardpaare erfolgreich zur Brut geschritten. Einen ähnlichen Eindruck haben wir auch für das Jahr 2019 gewonnen.
Ganz in unserer Nähe im Naturschutzgebiet Brachter Wald und de Meinweg gibt es jeden Sommer gute Bestände an Wespenbussarden. Die Heidelandschaft und offenen Wiesen zeigen ein optimales Habitat für diese Art. Genügend Wald ist in der Nähe, um dort einen Horst zu bauen und die benötigte Nahrung gibt es dort auch.
Volierenhaltung
Einen Großteil der Zeit putzte sich der Jungvogel, denn die Federn befanden sich noch im Wachstum. Auch fing der Wespenbussard auf dem Volierenboden zu scharren an, ganz wie er es in der Natur macht. Es sind maximale Tiefen ins Erdreich von bis zu 30-40cm schon dokumentiert worden. Es ist also darauf zu achten, dass er sich nicht irgendwann gar aus der Voliere ausbudddeln kann.
Das Zurückbringen zum elterlichen Horst/Fundort ist bei dieser Art kontraproduktiv und nicht die Lösung, obwohl es bei anderen Greifvogelarten/Eulenarten genau der richtige Weg wäre. Meist ist der Horst auch nicht auffindbar, Wespenbussarde begrünen ihren Horst und dieser ist auch unerreichbar weit oben.

ACHTUNG vor Fehlprägung!!
Wespenbussarde sind sehr pfiffige Greifvögel, sieht er tagtäglich den Menschen mit dem Futter kommen, wird er auf diesen falsch geprägt werden. Eine Geschwisteraufzucht ist bei dieser Art durchaus eine Lösung, hier wäre der Kontakt zu größeren Greifvogelstationen eine gute Möglichkeit um direkt vorzubeugen. Gerne können Sie uns kontaktieren und man kann sich zusammen beraten wie man vorgeht. Wichtig, eine Handfütterung sollte vermieden werden und ist ab dem Zeitpunkt, wenn der Vogel selbstständig stehen kann nicht mehr notwendig! 2019 haben wir insgesamt vier Wespenbussardpatienten in unserer Station gehabt, wir sind mit der Aufzucht, Haltung und Überwinterung vertraut.
Ein falknerisches Training ist bei dieser Greifvogelart nicht notwendig, den Jungvogel in Kondition zu nehmen sogar völlig falsch. Nur beim Ausheilen von Flügelfrakturen können Ausnahmen gemachte werden, oder wenn doch eine Überwinterung mit sehr langen Ruhephasen statt gefunden hatte. Wespenbussarde sind Thermikflieger! Die Freilassung sollte nur an passenden Tage durchgeführt werden. Freilassungen ab Oktober birgen hohe Risiken für diese Art, da es häufig nicht mehr genügend Thermik gibt um abzuziehen.
Überwinterung
Eine Überwinterung in Deutschland sollte unter allen Umständen vermieden werden. Defektes Schwanzgefieder wäre kein Grund einen Wespenbussard zu überwintern. Sind Federn aus welchem Grund auch immer zerstört, können diese in der Regel geschiftet werden. Die Problematik einen solchen Vogel zu überwintern, ist im Verhältnis viel größer. Meist kommt es zu ernsthaften Federproblemen, die dann für diesen Weitstreckenzieher ein wirkliches Problem darstellen könnten. Außerdem ist diese wärme liebende Greifvogelart nicht auf Minustemperaturen eingerichtet. Die Mauser wird nicht im Winter bei uns beginnen. Die Gefahr von Flügelödemen ist genauso wie bei Wüstenbussarden, Schwarzmilanen, usw. gegeben und könnte im schlimmsten Fall das Aus für den Vogel sein. Die Haltung dieser Greifvogelart in den Wintermonaten an einer Flugdrahtanlage wäre eher als tickende Zeitbombe anzusehen. Von dieser Haltungsform würden wir dringend abraten. Das falknerische Abtragen kann aber hilfreich sein den Vogel ruhiger zu halten, damit keine Federn aufgrund von Fluchtversuchen Schaden nehmen.
Wird dann noch an der Nahrung gespart, weil die Drohnenbrut sich dem Ende nähert und man füttert nicht mehr arttypisch, wird der Vogel nicht mehr gesund in die Natur zu entlassen sein. Man sollte junge Wespenbussarde zu deren natürlichen Zugzeit in die Freiheit entlassen. Da es ein Thermikflieger ist, muss das Wetter und die Wettervorrausage passen. Bei Vögeln die überwintert wurden, trifft dies nicht zu, sie können im Sommer entlassen werden. Dafür muss er nicht zwingend auf Fitness trainiert werden, aber einen besonders guten Ernährungszustand aufweisen. Bei der Auswilderung eines überwinternden Vogels, muss die Wetterlage und die Insektenlage optimal sein. Der Vogel sollte vorzugsweise dann in einem passenden Habitat frei gelassen werden, bei dem bekannt ist, dass es dort Wespenbussarde auch gibt. Gerade bei Jungvögeln (KJ2 Tiere) ist dies zu beachten, weil sie kaum Erfahrung haben sammeln können.
Aufgrund einer Ständerfraktur bei einem Wespenbussardpatienten, musste nun doch solch ein Patient bei uns überwintert werden. Er hatte sich im September als er sich auf der Heimreise nach Afrika befand, das Bein kompliziert gebrochen.


Ein weiteres Erlebnis zu einem Wespenbussard-Patient in unserer Station:
Im Mai bekamen wir einen Anruf aus einer Tierarztpraxis, dass ein Bussard eingeliefert wurde. Das Tier wurde uns noch am selben Tag noch überbracht und wir mussten doch sehr staunen, da es sich hier nicht um einen erwarteten Mäusebussard handelte, sondern um einen recht seltenen Patienten, einem Wespenbussard (Pernis apivorus).
Etwas Sorge bereitete uns aber der Zustand des Vogels, denn er konnte nicht aufrecht stehen.

Vermutlich war der Wespenbussard bei einem Flugmanöver irgendwo gegen geflogen. Er wurde an einem Gebäude einer Sparkasse aufgenommen. Unter Umständen ist dieses Tier zuvor an den Fensterscheiben verunglückt. Bei der Röntgenuntersuchung konnten keine schwerwiegenden Befunde festgestellt werden, was erst mal sehr positiv für den Vogel war.
Als absoluter Nahrungsspezialist kam dann die Frage auf, woher bekommt man artgerechte Nahrung für diesen Vogel? Die Imkerei in Willich (www.bienenland.de) half sofort, Herr von den Bongard stellte uns entsprechend große Mengen Drohnenwaben zur Verfügung, damit der Patient das richtige Futter bekommen konnte. Wir bekamen speziell gedeckelte Drohnenbrut, damit es auch schöne dicke Bienchen gab.
Allerdings gibt es Drohnenbrut im Juli und August nicht mehr so einfach bei Imkern zu erhalten. Pflegestationen, die regelmäßig Wespenbussarde zur Pflege bekommen, sollten sich daher rechtzeitig eindecken.

Weitere Nahrungsmittel sind ebenso möglich wie Eintagsküken, Nagetiere, Wachsmaden, Mehlwürmer und deren Puppen, zuvor abgetötete Fliegenlarven und ein wenig klein geschnittene Bananenstücke, reife Kirschen und reife Birne.
Die Akzeptanz bei der Gabe von Drohnenbrut ist die Höchste und wird sofort angenommen. Ein Wespenbussard sollte wenn immer möglich nicht zwangsernährt werden!

Dann folgte die Freilassung am Fundort mit den Findern zusammen


Achtung: Eine Überwinterung in einer Pflegestation sollte unter allen Umständen vermieden werden! Es sollten keine Versuche stattfinden. Wespenbussarde gehören daher nur in Spezialistenhände. Eine Haltung sollte nicht auf Stroh, Heu oder Spänen oder Rindenmulch oder gar Zeitung erfolgen. Das Gefieder der Vögel ist recht empfindlich und nimmt in Gefangenschaftshaltung schnell Schaden.

Durchziehende Wespenbussarde können an verschiedenen Stellen während der Zugzeit beobachtet werden. Hier eine Dokumentation auf Zypern.
Wie findet der Wespenbussard seine Spezialnahrung draußen in der Natur ?
(Schopfwespenbussard)
Folgendes Video zeigt wie es funktionieren kann:
Wespenbussard bei der Nahrungsaufnahme:
Wespenbussard direkt am Bienenstock
Es gibt noch weitere Wespenbussard Arten auf der Welt:
- Celebeswespenbussard (Pernis celebensis), Barred Honey-buzzard
- Schopfwespenbussard (Pernis ptilorhynchus), Oriental Honey-buzzard
- Philippinenwespenbussard (Pernis steerei), Philippinenwespenbussard
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