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Greifvogel gefunden, was nun?

Sie haben einen verletzten Greifvogel oder eine Eule entdeckt und möchten dem Tier helfen können. Die meisten Vogelfinder wissen aber nicht wie und trauen sich nicht, den verletzten Vogel einzufangen bzw. anzufassen.

DAS ANFASSEN VON HILFEBEDÜRFTIGEN JUNGVÖGELN IST KEIN PROBLEM; DER MENSCHLICHE GERUCH SPIELT KEINE ROLLE für die Tiere. Das Anfassen ist aber ein großes Problem bei Säugetieren (Rehe, Hasen, Kaninchen usw.). Vögel können zum Fundort zurückgebracht werden, auch wenn sie angefasst wurden. Wir handhaben es regelmäßig so, die Vögel werden wieder von den Elternvögeln angenommen.

Da wir auch Anrufe aus dem Ausland (EU und weltweit) bekommen, haben wir dies zum Anlass genommen, eine Liste von Anlaufstellen vogelkundiger Tierärzte und Pflegestationen zu erstellen.

ACHTUNG; zur ersten Hilfe gilt auch - speziell für Tierärzte! Bitte immer die Fundorte der Tiere notieren. Manche Tiere haben keine Überlebenschance, wenn sie nicht zum Fundort zurückgebracht werden können. Es erschwert uns immer wieder sehr stark unsere Arbeit mit den Tieren, nur weil keine Funddaten aufgenommen wurden. Dies ist bei Familienverbänden zur Jungtieraufzucht zum Beispiel sehr wichtig. Elterntiere, die zur Aufzucht nach Genesung nicht zum Fundort gebracht werden, fehlen bei der weiteren Jungtieraufzucht! Es sterben also zurückgebliebene Jungtiere. Zur Brut- und Balzzeit wäre es fatal, einen Vogel einfach irgendwo freizulassen. Dieser wird von Vögeln im Revier direkt bekämpft und verjagt. Alle Vögel haben ein gutes Erinnerungsvermögen und kennen sich in ihrem bereits vorhandenen Revier bestens aus. Auch nach Wochen können sich die Tiere genau erinnern. BITTE, LIEBE TIERÄRZTE, nehmt wenigstens die TELEFONNUMMER DER FINDER auf, damit wir bzw. das Tier eine Chance haben!

Wann braucht ein Vogel Hilfe?

Grundsätzlich gilt, dass jeder Vogel, der flugunfähig ist, auch dringend Hilfe benötigt. Ausnahmen stellen nur fast flügge Jungvögel dar, die nicht unbedingt hilfsbedürftig sind. Da das Erkennen der Hilfebedürftigkeit schwer ist, sollte das Tier dennoch tierärztlich beurteilt werden. Im positiven Fall können wir den Jungvogel zum Fundort zurückbringen.

Diese junge Waldohreule braucht unbedingt Hilfe – sie ist sehr krank

Diese junge Waldohreule braucht unbedingt Hilfe – sie ist sehr krank

EULE gefunden? Erste Hilfe für junge Waldkäuze

Versuchen Sie den verletzten Greifvogel oder die Eule einzufangen, da sonst leider keine Hilfe möglich ist. Dies können Sie am besten mit Hilfe eines Handtuchs, einer Decke, Handschuhen oder einer Jacke durchführen. Aber Achtung: Die einfangende Person muss sich vor Verletzungen schützen, denn der Greifvogel wird auch mit seinen letzten Kräften noch versuchen, sich zu wehren. Zwar ist er geschwächt, aber Vorsicht ist immer geboten.

Mäusebussard in Abwehrhaltung

Mäusebussard in Abwehrhaltung

Gehen Sie langsam, vermeiden Sie hektische Bewegungen und versuchen Sie sich dem Vogel so zu nähern, dass er Sie nicht mit den Augen fixieren kann. Ansonsten kann er blitzschnell und gezielt mit seinen Krallen Ihre Hände ergreifen.

Ein Sperber greift nach den Händen - auch die kleinen Füße tragen nadelspitze Krallen

Ein Sperber greift nach den Händen – auch die kleinen Füße tragen nadelspitze Krallen

Die Annäherung von hinten ist deutlich einfacher und sollte zunächst immer als erstes versucht werden. Legt sich der Vogel auf den Rücken (wie auf dem Foto oben), dann sollten Sie zuerst seine Augen verdecken, ansonsten wird er Ihnen gezielt in die helfenden Hände greifen. Bei allen Greifvögeln sollten die Füße und der Kopf festgehalten werden.

Erste Hilfe bei Eulenfund?

Eulen sind in der Regel nicht tagaktiv und sie ziehen sich tagsüber in einem Versteck zurück. Meist sitzen sie regungslos und möchten nicht von tagaktiven anderen Vögeln oder Säugern entdeckt werden. Findet man eine junge oder verletzte Eule, ist das "Sichern" des Tieres immer die beste Wahl. Hilflose Jungtiere sind tagsüber tatsächlich sicherer, wenn man sie mit ins Haus nimmt (in einem dunklen Karton kurzfristig halten). Am späten Abend des gleichen Tages sollte man ein Jungtier wieder zum Fundort zurückbringen, dann wenn die Altvögel wieder aktiv sind und ihrem Nachwuchs Nahrung bringen werden. Meist rufen die Altvögel auch abends und geben Kontaktlaute von sich. Tagsüber gibt es immer Probleme mit Rabenvögeln und verschiedenen Singvögeln, die auffällig auf Eulen "hassen". Diese Situation kann für Eulen, die sich nicht selbst in Sicherheit bringen können, lebensbedrohlich werden.

Zur weiteren Beratung rufen Sie uns einfach an und wir besprechen individuell, was die beste Lösung ist. Jeder Fall ist individuell. Gerne dürfen Sie uns auch ein Foto vom betroffenen Tier senden, da "Ferndiagnosen" nicht zu stellen sind.

Rabenvögel attackieren andere Arten mit den Schnäbeln und sind fähig, diese tot zu hacken. Die Verletzungen sind meistens im Kopfbereich.

Wie transportiert man einen Wildvogel am besten?

Der Transport in einem normalen Karton ist bisher meist die beste Lösung für einen Wildvogel.

Beispiel: Mäusebussard in einem Transport-Karton

Beispiel: Mäusebussard in einem Transport-Karton

Nutzen Sie niemals einen Käfig mit Gitterstäben zum Transport

Nutzen Sie niemals einen Käfig mit Gitterstäben zum Transport, denn darin kann sich das Fundtier schnell verletzen und das empfindliche Gefieder kann Schaden nehmen.

Insbesondere Tierarztpraxen nutzen immer wieder diese Käfigart für Wildvögel, obwohl es sich hier um einen Katzenkorb handelt. Der Schaden, der in diesen Käfigen entsteht, ist häufig immens. Auch sind Katzentransportboxen für die meisten einheimischen Greifvögel und Eulen einfach im Verhältnis zu klein gewählt. Viele Vögel haben ein langes Schwanzgefieder.

Durch den abgedunkelten Transport in einem Karton verhalten sich die Patienten wesentlich ruhiger.

Bitte decken Sie den Karton/die Kiste auf jeden Fall immer von oben ab, da der Vogel sich sonst befreien könnte. Leider kam es schon zu weiteren Unfällen, da der Zustand des Tieres falsch eingeschätzt wurde und es aus der offenen Transportbox entwischte – und das ist beispielsweise im Auto sehr gefährlich für Mensch und Tier.

Ein gesunder Wildvogel würde nie in der Anwesenheit eines Menschen seelenruhig einschlafen. Sollten Sie Ihren Findling beim Schlafen beobachten können, so ist er mit seinen Kräften absolut am Ende und damit ein Notfallpatient, der umgehend tierärztlich versorgt werden muss.

Turmfalke schlafend

Turmfalke schlafend – das Tier ist geschwächt und benötigt unsere Hilfe

Achtung bei dem Fund von Rotmilanen

Bei Rotmilanen kann regelmäßig der Zustand der Akinese beobachtet werden. Sie stellen sich bei Gefahr tot und wirken daher fälschlicherweise schwer krank oder verletzt. Rotmilane sollten in keiner Transportbox untergebracht werden, da diese eine immense Flügelspannbreite besitzen mit einem sehr langen Schwanzgefieder. Die Wahrscheinlichkeit, dass das Schwanzgefieder einen Schaden nimmt, ist zu hoch, wenn die Unterbringung zu klein ist. Am besten nimmt man einen großen Umzugskarton.

Vorsicht beim Transport im Auto von einem Rotmilan ohne sichere "Verpackung"! Es ist schon vorgekommen, dass man dachte, der Vogel sei fast tot oder es gehe ihm sehr schlecht, und dann wird er im Auto auf einmal sehr lebendig. Das Totstellen dieser Art kann eine völlige Fehleinschätzung durch uns Menschen mitbringen. Manch Rotmilan düst dann sehr plötzlich hektisch im Auto umher – eine super gefährliche Situation!

Futtergaben

Zur Ersten Hilfe gehört NICHT, dass Sie dem Vogel Futter geben müssen. Je nach Zustand des Tieres kann die Gabe von Futter für den Vogel tödlich sogar enden!

Bitte bringen Sie das Fundtier so schnell wie möglich zu uns, damit eine Diagnose gestellt und entsprechend schnell gehandelt werden kann. Futtermittel wie Katzenfutter, Gulasch, Hackfleisch, Tatar, Schweinefleisch, Wurstwaren usw. sind gänzlich ungeeignete Nahrung. Auch ist Muskelfleisch wie Brustmuskulatur oder Herzmuskulatur nicht das beste Futter, da es schwerer verdaulich ist und wenig Flüssigkeit beinhaltet!

Oft wird uns von Findern erzählt, dass der Vogel doch gut gefressen habe. Sie ziehen daraus den Schluss, dass es ihm doch gut gehe. Leider müssen wir das verneinen, denn selbst ein extrem verletzter Vogel, beispielsweise mit offener Flügelfraktur oder Amputationsverletzungen, kann noch mit großem Appetit fressen. Die Futteraufnahme ist also kein Indikator für den Gesundheitszustand des Patienten. Wir empfehlen daher dringend, in dieser Richtung keine Experimente zu starten. Sollte der Vogel, aus welchen Gründen auch immer, erst später zu uns kommen, geben wir Ihnen telefonisch gerne Hilfestellung, wie Sie mit der Futter- und Wasserversorgung des Tieres verfahren sollten.

Wenn Vögel völlig entkräftet und abgemagert aufgefunden werden, dann ist normalerweise mit einem starken Flüssigkeitsmangel (Dehydrierung) des Patienten zu rechnen. Der Greifvogel braucht in der Regel zuerst Infusionsgaben, welche auch intravenös vom Tierarzt gegeben werden können.

Wir geben abgemagerten und geschwächten Vögeln zuerst körperwarme Infusionen

Wir geben abgemagerten und geschwächten Vögeln zuerst körperwarme Infusionen, bevor mit Futtergaben begonnen wird. Manche Vögel müssen mehrere Tage lang mit Infusionsgaben versorgt werden, bevor sie wieder stabil sind.

Infusionsgabe unter die Haut eines sehr geschwächten Mäusebussardes

Infusionsgabe unter die Haut eines sehr geschwächten Mäusebussardes

Wasserversorgung aufgefundener Greifvögel und Eulen

Immer wieder wird geraten, dass Greifvögel kein Wasser benötigen, da die Flüssigkeit aus dem Futter ihnen reichen würde. Dies stimmt nur bedingt, da man bei dieser Aussage von gesunden Tieren spricht und nicht von ausgehungerten und kranken Vögeln. Außerdem trinken Greifvögel und Eulen regelmäßig, nur man kann es recht selten sehen. Ein krank aufgefundener Vogel braucht vor allem eine gute Flüssigkeitsversorgung. Unerfahrene Finder sollten jedoch keinesfalls versuchen, dem Vogel – etwa mittels einer Spritze – Flüssigkeit direkt in den Schnabel zu geben: Gerade bei geschwächten Vögeln kann so Flüssigkeit in die Atemwege gelangen.

Eule beim Trinken

Eule beim Trinken

Eine Untertemperatur ist lebensbedrohlich!

Besonders in der kalten Jahreszeit werden gehäuft Patienten bei uns eingeliefert, welche an lebensbedrohlicher Untertemperatur leiden. Wenn Vögel schwer verletzt sind, unter Schock stehen oder stark ausgehungert sind, kann es passieren, dass der Kreislauf zusammenbricht. Eine lebensbedrohliche Untertemperatur kann die Folge sein. Bei durchnässten Vögeln (z. B. durch Unfall und anschließenden Regengüssen) besteht immer akute Unterkühlungsgefahr. Hier sollte mit Rotlicht oder einem Fön das Tier langsam getrocknet werden. Da Vögel eine sehr hohe Körpertemperatur haben (40–41,5 °C), sind sie mit nachgemessenen Werten z. B. mit 35,0–37,5 °C schon stark unterkühlt.

Wir messen die Körpertemperatur mit einem herkömmlichen Fieberthermometer

Wir messen die Körpertemperatur mit einem herkömmlichen Fieberthermometer vorsichtig in der Kloake des Tieres

Stellt sich dann heraus, dass der Vogel unterkühlt ist, muss zuerst langsam Wärme zugeführt werden.

Jeder unterkühlte Patient muss vor allem sehr langsam aufgewärmt werden und sollte am besten ruhig und dunkel untergebracht werden. Jeglicher Stress muss unbedingt vermieden werden. Wir nutzen zum Aufwärmen Wärmflaschen (in Handtücher eingeschlagen). Futtergaben oder Medikamentengaben sollten nicht erfolgen, da der Patient in Lebensgefahr schwebt und weder Futter noch Medikamente verstoffwechseln kann.

Mäusebussard mit Tatar im Rachen

Dieser Bussard starb bei Fütterung mit Tatar, da er nicht mehr schlucken konnte – er litt unter Untertemperatur und war stark ausgetrocknet.

Fliegeneier im Gefieder des Fundtieres müssen noch am selben Tag entfernt werden!

Besonders in den Sommermonaten kommt es immer wieder vor, dass verunfallte, wehrlose oder kranke Vögel von Fliegen umschwärmt werden und Fliegeneier in ihr Gefieder abgelegt werden. Hier werden bevorzugt das Gesicht oder verletzte Bereiche ausgewählt. Im Juni 2012 wurde uns ein frisch verunfallter Waldkauz eingeliefert, der zuvor stundenlang in einem Teichnetz verfangen war. Die Fliegen bemerkten den wehrlosen Vogel bereits und legten Fliegeneier in sein Gesicht. Bei vermeintlich sterbenden Vögeln passiert dies auch ohne ersichtliche offene Fleischwunde. Das Fatale ist aber, dass die Fliegenmaden bei warmer Witterung besonders schnell schlüpfen. Aus Erfahrung leben diese schon am nächsten Tag und krabbeln dann im Gesicht oder Wundbereich in die Nasenlöcher bzw. unter die Haut und fressen ihr Opfer von innen auf. Das Entfernen der Fliegeneier ist sicher keine schöne Angelegenheit, aber wesentlich einfacher als lebendige Fleischmaden zu entfernen – dies kann bisweilen unmöglich sein. Zur Sicherheit tragen wir bei solchen Patienten immer noch ein Parasitenpräparat als Spot-on auf die Haut auf, damit versehentlich übersehene Eier/Larven keine Überlebenschancen am Tier haben.

Fliegeneier im Gesicht eines Waldkauzes

Fliegeneier im Gesicht eines Waldkauzes

Im beschriebenen Fall muss also ein Finder auch mal Hand anlegen, um dem Tier das Leben zu retten. Am besten nimmt man eine feine Pinzette, um die Fliegeneier aus dem Gefieder zu entfernen.

Mehrere Gründe, warum ein Laie keinen Wildvogel pflegen sollte:

  • Ein Laie kann nicht erkennen, ob der Vogel dehydriert ist (also unter Flüssigkeitsverlust leidet). Bei diesem Zustand darf nicht gefüttert werden, denn der Vogel kann das Futter nicht verdauen.
  • Ein Laie kennt das Normalverhalten des gefundenen Vogels nicht und kann nur schwer beurteilen, ob es dem Tier gut oder schlecht geht.
  • Ein Laie weiß nicht, wie viel und wie oft gefüttert werden muss. Für ihn ist es in der Regel auch sehr schwer, artgerechtes Futter wie beispielsweise Nagetiere aufzutreiben. Darüber hinaus neigen Laien dazu, die Bedürfnisse eines Wildvogels mit ihren eigenen Bedürfnissen oder denen ihrer Haustiere zu vergleichen (z. B. Hunger, Durst, Temperatur, Umgebung), obwohl ein Wildvogel schon allein aufgrund seines völlig anderen Stoffwechsels Bedürfnisse hat, die sich massiv von denen der Säuger unterscheiden.
  • Ein Laie könnte eine Untertemperatur des Patienten nur schwer erkennen. In diesem Zustand sind Futtergaben jedoch oft tödlich, auf jeden Fall aber lebensbedrohlich für den Vogel.
  • Ein Laie kann bei der Aufzucht eines Jungvogels Fehler machen, die die spätere Freilassung des Tieres verhindern.
  • Ein Laie erkennt Erkrankungen nicht, besonders bei Verletzungen oder inneren Erkrankungen muss aber schnell geholfen werden.
  • Ein Vogel darf nicht zwangsernährt werden. Wenn ein Vogel nicht fressen kann oder will, hat das einen Grund. Fressunlust ist ein Symptom für verschiedene Erkrankungen, die dringend abgeklärt werden müssen.

Bitte zögern Sie nicht und rufen Sie uns an, wenn Sie Fragen haben. Gemeinsam können wir entscheiden, was das Beste für den Vogel ist, wie er gepflegt, untergebracht und später ausgewildert werden kann.

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🦅 Greifvogelhilfe
(von 8:00 Uhr bis 22:00 Uhr)
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