Kanarische Schmutzgeier auf Fuerteventura

Sein auffälliges Aussehen macht diesen mittelgroßen Geier u. a. unverwechselbar. Altvögel sehen schwarz-weiß aus, und weisen ein gelbes Gesicht sowie gelbliches Gefieder im Halsbereich auf. Der weiße, keilförmige Schwanz fällt hier ebenfalls auf. Junge Schmutzgeier sind dagegen zunächst braun gefärbt und werden mit zunehmenden Alter weißer.

Der Schmutzgeier (europäische Populationen) zählt eigentlich zu den Zugvögeln und überwintert u. a. auch in Afrika. Doch diese „Inselgeier“ sind zu Standvögeln geworden und bleiben ganzjährig auf den kanarischen Inseln, wie z. B. auf Fuerteventura, Gran Canaria und Lanzarote. Dies spart sehr viel Kraft und es kommt zu weniger Verlusten während des Zuges nach Afrika. Vielleicht konnte sich aus diesen Gründen der kanarische Schmutzgeier so weiter entwickeln, dass er auch etwas schwerer und größer ist, als die Nominatform. Der Schmutzgeier ist über ganz Afrika verbreitet, kommt aber auch in gemäßigten Teilen Asiens und Europas vor, vor allem im mediteranen Gebiet und auf den Kapverdischen Inseln sowie den Kanarischen Inseln vor. Ich selbst konnte meinen ersten Schmutzgeier im Oman überfliegend erleben.

Zur Rettung der endemischen Unterart des Schmutzgeiers wurde vor 14 Jahren das mit EU Mitteln finanzierte Projekt LIFE zur Beobachtung und Stärkung des Bestandes gestartet. Es wurden verschiedene Ursachen erkannt, warum es bei dieser Art immer wieder zu tödlichen Unfällen kam. Hierzu gehörten insbesondere Anflüge gegen Hochspannungsleitungen, Vergiftungen durch verwendete toxische Mittel (Pestizide) in der Landwirtschaft sowie die Aufnahme von Bleischrot in abgeschossenen Tieren, die als Aas aufgenommen wurden.

Auf mich hinterließ der Artenschutz auf der Insel Fuerteventura einen sehr positiven Eindruck. Ich konnte viele Hochspannungsleitungen sehen, welche mit speziellen „Fähnchen“ versehen und somit für Vögel sichtbar gemacht wurden.

Erst nachdem ich ein Foto von einem Schmutzgeier von seiner Oberseite anfertigen konnte, entdeckte ich, dass dieser mit einem Sender versehen war. Diese werden in der Regel mit sogenannten Teflonbändern im Rucksacksystem am Vogel befestigt.

Durch die Beringung und gleichzeitige Besenderung können wissenschaftliche Untersuchungen durchgeführt werden. Besonders ist zu wissen, wo diese stark bedrohte Geierart sich bevorzugt aufhält oder auch um Unfallursachen zu erfahren. Unter anderem konnte durch die Beringung festgestellt werden, dass diese Vogelart bis zu 40 Jahre alt werden kann.

Auch gibt es sogenannte Geierrestaurants für die Schmutzgeier, damit die Nahrungsversorgung immer gesichert ist und zu höheren Aufzuchtserfolgen führt. Hier werden vor allem unbelastete Kadaver angeboten (frei von Antibiotika, Bleimunition). Da die Ziegenhaltung auf Fuerteventura von großer landwirtschaftlicher Bedeutung ist (Herstellung von Ziegenkäse, Gewinnung der Ziegenmilch und Fleisch), kann der Schmutzgeier sehr gut von Ziegenüberresten leben.

Er nimmt Igel, Landschildkröten, andere kleinere Reptilienarten, Amphibien, Eier, Großinsekten, allgemein Tierkadaver, z. B. auch überfahrene oder verendete Tiere. Dabei wurde aktives Jagen auf Landschildkröten, Reptilien, Frösche und Großinsekten sowie Nagetieren nachgewiesen. Auch Müllkippen sind sehr interessant für diese Geierart um Futterreste zu finden.

So wie viele Geier und Adlerarten werden Schmutzgeier erst ab dem 4. bis 5. Lebensjahr geschlechtsreif. Die Tiere legen zwei Eier, meist wird ein Junges aufgezogen, bei gutem Futterangebot können aber auch zwei Jungtiere aufgezogen werden. Der Geier ist speziell an Felswände gebunden, um einen geeigneten Brutplatz zu finden.