Am 10. März 2015 fand im Artenschutzzentrum Metelen (Außenstelle des Landesamtes für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz NRW) ein umfassender Informationstag über Tiergehege im Allgemeinen und deren rechtliche Grundlagen statt. Unerwartet hoch war das rege Interesse der Teilnehmer aus den verschiedenen Bundesländern. Besonderes Interesse galt dem Thema des Sachkundenachweises zur Haltung von Greifvögeln und Eulenvögeln. In diesem Zusammenhang war allgemein Unsicherheit festzustellen, ob man einen Falknerjagdschein für den Betrieb einer Greifvogelstation bzw. Greifvogelpflegestation benötigt. Kann man sich überhaupt als Laie die entsprechenden Kenntnisse aneignen, um daraufhin eine Pflegestation zu betreiben?
Welche gesetzlichen Änderungen für Greifvogelpflegestationen in NRW gibt es?
Die gültige Rechtslage in Nordrhein-Westfalen besagt, dass zum Betrieb einer Greifvogelpflegestation und die Haltung der Vögel die nicht unter die Bundeswildschutzverordnung fallen (z. B. Wüstenbussard), kein Falknerjagdschein vorgeschrieben ist.

Die Praxis zeigt jedoch, dass es mehr als sinnvoll ist, auf die umfassenden Fachkenntnisse eines Falkners zurückgreifen zu können. Das Ministerium hat mit dem Erlass vom Juli 2011 für die erforderliche rechtliche Klarstellung gesorgt. In diesem findet man u. a. folgenden Absatz: „Die Haltung ist dann als erstmalig anzusehen, wenn ein Halter erstmalig beginnt, ein Tier der Ordnung der Greifvögel oder der Eulenvögel zu halten. Bei der Ergänzung eines bereits vorhandenen Bestands (z. B. an Greifen) kann bei bisher ordnungsgemäßer, nicht zu beanstandender Haltung auf die Vorlage des Sachkundenachweises verzichtet werden.“ Wenn Greifvögel falknerisch gehalten werden, für Flugshows oder für die Beizjagd eingesetzt werden, gilt nach wie vor, dass zuvor ein Falknerjagdschein abgelegt werden muss. Dies gilt auch für Greifvögel, die draußen „nur“ geflogen werden ohne die Beizjagd auszuüben. Es gibt für das Vorhaben Greifvögel falknerisch trainieren zu wollen keine Ausnahmegenehmiung einer Behörde. Der Falknerjagdschein muss bei der Behörde regelmäßig aktualisiert/verlängert werden, also genauso wie es beim Jagdschein der Fall ist.
Ohne Sachkundenachweis zur Haltung von Greifvögeln und Eulenvögeln darf in NRW keine Pflegestationen für diese mehr eröffnet werden. Somit ist eine Haltung und Pflege nur noch nach diesen genannten Maßstäben erlaubt, welche wir sehr begrüßen, da man für solche spezielle Arten absolutes Fachwissen benötigt.
Anspruchsvolle Pfleglinge in der Auffangstation
Die Wanderfalkenbestände sind z. B. aufgrund dem umfassenden Anwendungsverbot von DDT und anderen Giften, sowie dem engagierten Einsatz von Falknern mittels Auswilderungsprojekten, mittlerweile erfreulicher Weise für NRW gesichert. Dies hat allerdings zur Folge, dass Wanderfalken immer häufiger als Fundtiere in Pflegestationen eingeliefert werden. Wir haben selbst die Erfahrung machen können, dass jedes Jahr ein Anstieg der Pfleglinge speziell bei dieser Greifvogelart zu verzeichnen ist. Sitzen solchen durchtrainierten Hochleistungsjäger länger als zwei Wochen in einer Pflegestation „fest“, müssen diese zunächst falknerisch eingeflogen werden, bevor es wieder in die Freiheit geht. Auch im Ausland wird so mit den Falken gearbeitet und ist keine „Idee“ von uns Deutschen.
Eine große Voliere reicht bei diesem Luftraumjäger nicht aus und es würde ihm erheblich an Fitness fehlen, wenn solch ein „Volieren-Falke“ in die Freiheit kommen würde. Wanderfalken, Habichte, Sperber oder gar Zugvögel wie der Baumfalke, fliegen nicht genügend in einer Voliere, um dadurch die Fitness für die freie Wildbahn wieder erlangen zu können. Schon innerhalb weniger Wochen verändern sich bestimmte Blutwerte des Vogels (hierzu gibt es entsprechende Studien), welche darauf hinweisen, dass das Tier schon an Fitness abgebaut hat.
Dieses Video zeigt gut nachvollziehbar, welche Leistung ein Wanderfalke in der Natur erbringen muss. Seine gezeigten Flugmanöver sind typisch beim Federspieltraining. Es wird mit einem Stangenfederspiel eine fliegende Beuteatrappe vor ihm her gezogen. Beim Training werden diese „Durchgänge“ langsam gesteigert. Der Vogel wäre nach dem gezeigten Video wildbahnfähig, da er ausdauernd fliegt und hervorragende Stöße zeigt. Das eine solche Leistung in keiner Voliere möglich ist, sollte jetzt spätestens verständlich geworden sein. Ein Aushungern der Greifvögel, um sie gefügig zu machen, ist immer wieder eine falsche Behauptung von Falknereigegnern. Wenn man ernsthaft über diese Flugleistung nachdenkt, ist diese nur mit absoluter Motivation und bestem Futtergaben möglich. Andernfalls wäre ein Vogel nicht in der Lage so ausdauernd zu fliegen und wäre ruckzuck erschöpft.
Was lernt man in einem Falknervorbereitungsseminar?
Da ich selber an einem Seminar teilgenommen habe, ist diese Frage einfach beantworten. Zuerst lernt man in solch einer Schulung die Artbestimmung der heimischen Greifvogel- und Eulenarten. Man lernt alle Greifvogelarten sicher zu bestimmen incl. der Flugbilder und die Brutbiologie. Es werden desweiteren praktische Bestimmungsübungen an Präparaten durchgeführt.
Ein entsprechendes Vorwissen wird allerdings gern gesehen, was normalerweise bei jedem Greifvogel- und Euleninteressierten kein Problem darstellen sollte.
Insbesondere Greifvögel zeigen mehrere optische Unterschiede in ihrem Alter oder Geschlecht. Beispielsweise sieht der junge Wanderfalke, Sperber, Habicht usw. anders gefärbt aus, als der Altvogel der gleichen Art. Es gibt auch teils große Unterschiede unter den Geschlechtern, der sogenannte „Geschlechtsdimorphismus“. So sieht ein Turmfalkenmännchen anders gefärbt aus als ein Weibchen. Ein Sperberweibchen ist deutlich größer als das dazugehörige Männchen. Man lernt ebenfalls die Zugvögel unter den Greifvögeln kennen und zu welchen Jahreszeit welche Vögel draußen in der Natur zu beobachten sind oder eben nicht. Alles in allem ein grundlegendes ornithologisches Grundwissen aus der Biologie der europäischen Greifvogelarten.
Flugbilder verschiedener Greifvogelarten sicher erkennen
Weiter wird man lernen, wie junge Greifvögel richtig aufgezogen werden. Was dabei zu beachten ist, und wie der Wildflug funktioniert und wie man einen Vogel händelt und richtig trainiert. Wenn ein Wanderfalke oder Habicht für die Beizjagd ausgebildet wird, kann man dieses Wissen natürlich auch auf den eingelieferten Wildvogel umsetzen. Man lernt die unterschiedlichen Futtermittel kennen und welche Mengen täglich benötigt werden. Auch gibt es Unterschiede bei der Mauser (Federwechsel) von Habichtartigen, Falken und Adlern. Es werden die wichtigsten Krankheiten bei Greifvögeln erläutert. Der richtig Aufbau einer Voliere und die Mindestmaße dieser für die unterschiedlichen Arten.
Es wird auf die Geschichte der Falknerei eingegangen. Auch die falknerische Haltung lernt man, die man sofern medizinisch notwendig ist, auch kurzfristig angewendet werden muss. Auch bekommt man einen Einblick in die Telemetrie und wie diese genau durchgeführt wird.
Hier lesen Sie ein paar Erläuterungen, warum bei der Greifvogelpflege die Sachkunde so sinnvoll ist.
FAZIT
Um Greifvögel und Eulen in Nordrhein-Westfalen rehabilitieren zu dürfen, bedarf es einer Sachkundeprüfung, die auch optional erlaubt die nicht heimischen Arten zu halten.
Rehabilitation der Wildvögel= nur mit bestandener Sachkundeprüfung
Haltung und Zucht (ohne falknerische Haltung) = ist nur erlaubt für nicht heimische Arten und mit bestandener Sachkundeprüfung
Beizjagdausübung, Flugshows, Öffentlichkeitsarbeit, das frei fliegen lassen der Vögel incl. dem Trainieren von Wildvögel, jegliche Anbindehaltung = nur mit gültigen Falknerjagdschein
Es gibt keine behördlichen Ausnahmegenehmigungen.


Interesse am Seminar?
Wer Interesse an dem Sachkundenachweis hat, sollte sich rechtzeitig dazu anmelden, denn bisher gibt es nur einmal im Jahr ein solches Seminar und die Teilnehmeranzahl ist hierzu begrenzt. Das Buch von Horst Schöneberg „Der Leitfaden für Prüfung und Praxis“ und das Buch von „Heidenreich Krankheiten – Haltung – Zucht“ sollte in keinem Regal fehlen. Bevor man solch einen Kurs belegen möchte, sollte man sich unbedingt schon vorher etwas mit der Materie vertraut machen und Greifvogelstationen und/oder praktizierenden Falknern anschließen.
Denn im Vorbereitungsseminar wird ein gewisses Grundwissen der Teilnehmer schon vorausgesetzt. Eine Teilnahme ist für die Prüfung aber nicht vorschrieben, würde ich aber auf jeden Fall empfehlen.
Für weitergehende Fragen zu dem Thema Sachkundenachweis kontaktieren Sie uns unter Mobil: 0170-2122524
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