Gewölle sind sogenannte „Speiballen“, die aus unverdauten Resten der Beutetiere bestehen. Typischerweise kennt man sie von Greifvögeln und Eulen, die ca. 8 bis 17 Stunden nach einer Mahlzeit wieder als ein solches hervor gewürgt werden. Grundlegend untersucht man zunächst, ob in Eulengewöllen noch Knochen-, Feder-, Krallen- und Chitinpanzerreste vorhanden sind.

Greifvogelgewölle zeigen nur einen geringen Anteil an Knochenresten, dieser liegt bei max. 10%. Es wurden schon von Turmfalken Gewölle gefunden, in denen deutlich Käferreste zu sehen waren. Bei Weihen können auch in den Sommermonaten mit viel „Glück“ Eierschalenreste in nachgewiesen werden, da diese Greifvögel (speziell die Rohrweihe) mitunter Gelege von anderen Vögeln verspeisen. Viel seltener hat man die Chance in den Verbreitungsgebieten der Schlangenadler ein solches Gewölle zu finden. Findet man eins, bestehen sie überwiegend aus den Überresten von Echsen und Schlangenhäuten bzw. Schuppengebilden.
Gewölle können verschiedene Farben aufweisen
Je nach Farbe des Futtertieres verändert sich die Farbe des Gewölles. Bei uns in der Auffangstation können wir beobachten, dass diese weißlich aussehen, wenn weiße Nagetiere verfüttert werden. Wenn Eintagsküken die Hauptnahrung darstellen, nehmen die Gewölle einen gelblichen Farbton an, wohingegen sie bei bräunlichen und/oder schwarzen Futtertieren eher sehr dunkel gefärbt sind. Eine Ausnahme stellen die Gewölle von Schleiereulen dar: obwohl ihre Nahrung überwiegend aus Nagetieren mit heller Farbe besteht, sind die Gewölle trotzdem recht dunkel gefärbt. Außerdem findet man bei Schleiereulen besonders viele Knochenbestandteile, was bei den anderen Eulenarten deutlich geringer ausfällt.

Die Gefahr der Gewöll-Verstopfung
Wichtig ist, dass man bei Fütterungen in der Pflegestation nicht zu häufig in zu kurzen Abständen Nahrung verabreicht. Andernfalls kann es zu einer Verstopfung oder „Anschoppung“ von Nahrungsresten im Magen kommen. Die Greifvögel und Eulen benötigen genügen viele Stunden, um sich des Gewölles zu entledigen. In der Natur findet die Nahrungsaufnahme sehr unregelmäßig statt; dort wird keine Uhr gestellt wann wie viele Beutetiere aufgenommen werden können. So ist es schon vorgekommen, dass Turmfalken oder Eulenvögel in der Greifvogelstation nach ihrer Ankunft erst mal bis zu drei Gewölle nacheinander auswarfen. Mehr als drei Gewölle pro Tier konnten bisher nicht verzeichnet werden, aber es ist wichtig die Lage richtig einschätzen zu können, denn in solchen Fällen wäre ein Nahrungsangebot, womöglich eine Zwangsernährung nicht die richtige Entscheidung für das Tier gewesen.
Beispiel einer Komplikation; ein Steinkauznestling wurde mit Futtertieren und darin enthaltenen Gewöllstoffen überversorgt. Der Magen fühlte sich von außen schon groß und hart an. Es wurde ein Röntgenbild zur Diagnostik angefertigt, um den Grad der Verstopfung beurteilen zu können. Der Vogel litt zu dem Zeitpunkt schon deutlich an Schmerzen und jammerte. Auf dem folgenden Bild sind die Gewölle gut zu erkennen.

Das Tier musste ca. zwölf Stunden ohne Futter verbleiben; erst dann kamen nach und nach die Gewölle wieder heraus.
Vorteile der Gewöllbildung
Unverdauliche Nahrungsreste, in dem Sinne auch Ballaststoffe genannt werden wieder ausgespien, das umfasst in der Regel das Fell, Federn und teils Knochenreste oder Chitinpanzer von Insekten als Beutetiere.
Aber auch Fremdkörper können so einfach wieder ausgespien werden. An Wanderfalkennistplätzen wurden bereits Gewölle mit darin enthaltenen Taubenringen gefunden.

Eine Brieftaube wurde von einem wilden Wanderfalken erbeutet und anschließend verspeist. Körner im Kropf oder der Ring werden mit dem Gewölle wieder ausgespien
Es kam auch schon vor, dass ein Beizvogel seinen Lederriemen verschluckt hatte. Dieser hätte einen Darmverschluss provozieren können, aber durch das Gewölle konnte er auf natürlichem Weg wieder ausgeschieden werden.

Uhus sind beispielsweise dafür bekannt, dass sie auch Igel fressen. Die Igelstacheln werden mit Fell gemeinsam als Gewölle wieder ausgespien.


Wann braucht ein Vogel keine Gewöllstoffe?
Es ist die Aufgabe von Spezialisten in der Auffangstation zu erkennen, ob es sinnvoll ist, dem Patienten gewöllstoffbildende Nahrung anzubieten oder nicht. Geschwächte und ausgehungerte Tiere benötigen keine Gewöllstoffe. Wenn Eintagsküken oder Mäuse angeboten werden, dann werden die Köpfe, Beine und Schwänze nicht verfüttert und das Fell wird vorher abgezogen. Diese ansonsten normalen Bestandteile der Nahrung wären für geschwächte Tiere eine unnötige Belastung für den Verdauungstrakt. Auch das Hervorbringen eines Gewölles kostet Kraft, die manch ein Tier in der Genesungsphase (z. B. bei einem Schädelhirntrauma oder bei Wirbelsäulenverletzungen) noch nicht hat.
Pflegen Sie selbst Vögel und sind sich unsicher was nun richtig ist, wir beraten Sie gerne.
Gewölle als natürliche Nestunterlage
Bisher haben wir zwar viel über Gewölle geschrieben, aber es existiert noch keine Dokumentation davon wie es überhaupt nach oben aus der Schnabelhöhle befördert wird. Folgendes Video zeigt es gut veranschaulicht an dem Beispiel einer Schleiereule.
Blick in den Schleiereulen-Nistkasten. Der Untergrund besteht aus zerfallenen Gewöllen. Eine natürliche Unterlage, die nicht entfernt werden muss, denn sie trocknen von alleine ab und zerfallen mit der Zeit. Auf eine ausreichende Belüftung beim Bau eines Nistkastens ist ohnehin immer zu achten. Nisthilfen aus Plastik lehnen wir ab, da Kunststoff für ein gesundes Klima nicht förderlich ist.
Gewölle sind eine natürliche Nesteinlage. Besonders schädlich wäre es aber, wenn man im Nistkasten Nistmaterial in Form von Rindenmulch oder Stroh anbietet. Dies wäre ein idealer Nährboden für die Bildung von Schimmelpilzen und der daraus resultierenden Aspergillose. Auf manchen Webseiten wird von diversen Naturschutzorganisatoren dies aber leider immer noch empfohlen! Auch die Kontaktaufnahme unsererseits mit der Erklärung, dass es ein falscher Ratschlag ist und dies auf Kosten der Gesundheit der Tiere geht, wird nicht ernst genommen.
Gewölle zur Archivierung richtig aufbewahren
Da manchmal Gewöllanalysen vorgenommen werden, bei denen man ihre Bestandteile bis ins kleinste Detail untersucht, kommt an dieser Stelle die richtige Aufbewahrung in den Fokus. Auch als Anschauungsmaterial für schulische Zwecke sollte man wissen, dass Gewölle zunächst gründlich getrocknet werden müssen, da sie sonst zu Schimmelbildung neigen können. Sind sie durchgetrocknet, finden aber auch diverse Mottenarten Gewölle sehr schmackhaft und können sie schnell zum völligen Zerfall bringen. Daher ist darauf zu achten, dass sie geschützt aufbewahrt werden und nicht zugänglich für Käfer oder Motten sind. Wir empfehlen alternativ eine vorbeugende Begiftung mit einem Insektizid. Die Behandlung mit Insektizidspray ist zwar hilfreich gegen unerwünschte Parasiten, aber nicht ratsam, wenn Kinder diese zu Schulzwecken auseinander nehmen sollen und mit diesen Toxinen in Kontakt kommen.
Folgende Nagetiere werden häufig in Schleiereulengewöllen nachgewiesen:
Feldmaus (Microtus arvalis)
Erdmaus (Microtus agrestis)
Hausspitzmaus (Crocidura russula)
Waldmaus (Apodemus sylvaticus)
Schabrackenspitzmaus (Sorex coronatus)
Rötelmaus (Myodes glareolus)
Zwergmaus (Micromys minutus)
Schleiereulen sind hochspezialisierte Jäger auf Nagetiere, aber einige Exemplare können sich auch auf andere Arten konzentieren und erlernen das Fangen von Sperlingen oder Fledermäusen. Insbesondere Haussperlinge bevorzugen auch jene Reviere wie sie von Schleiereulen beliebt sind. Dabei werden Sperlinge an ihren Schlafplätzen erbeutet.
Welche Vögel speien ebenso Gewölle aus?
Der Bienenfresser

Der Grauschnäpper


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Die Eiderente
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